Karelshaff und seine Geschichte
Der „Karelshaff“ liegt auf einer Anhöhe zwischen Colmar-Berg und Mertzig bzw. Michelbuch. 1817 wurde das Gebäude von Karl Daumartin erbaut und diente zu diesem Zeitpunkt als Jagdhaus, wo sowohl die noblen als auch die adligen Gesellschaftsklassen verkehrten. Neben der Funktion als Jagdhaus, war das Gebäude so erbaut, dass man gleichzeitig die Möglichkeit hatte, Schafherden zu halten. Diese Schafherden liefen um die Gebäulichkeiten, und so verhinderten sie, dass alles von Pflanzen und Gebüschen überwuchert wurde. Die Gegend ist bis heute abgeschieden von Ortschaften und mit viel Waldflächen umgeben. Dies erwies sich ideal für die Jagd, aber auch für die gewünschte Privatsphäre der fürstlichen Gäste aus der Umgebung. Desweiteren muss man erwähnen, dass dieses Jagdgebiet unweit vom „Schloss von Berg“ lag, das heute das großherzogliche Schloss in Colmar-Berg ist. So kam der „Karelshaff“ Ende des 19. Jahrhunderts, kurz nach der Ernennung von Großherzog Adolph in den Besitz der luxemburgischen großherzoglichen Familie. Daraufhin zog Wilhelm der IV, als Erbgroßherzog von Luxemburg in das heutige großherzogliche Schloss ein und nutzte den „Karelshaff“ weiterhin als Jagdhaus. Einige Jahre später wurde der „Karelshaff“ frei gegeben zur Verpachtung, worauf hin sich mehrere Interessenten meldeten. 1906 unterschrieb die Familie von Roesgen-Kauffman den Pachtvertrag.
1949 wurde der „Karelshaff“ von der großherzoglichen Familie verkauft, und wurde von Charles von Roesgen-Reiffer erworben um als landwirtschaftlicher Betrieb genutzt zu werden. Da Charles von Roesgen und seine Familie in einem guten Verhältnis zu der großherzoglichen Familie standen, versorgte der „Karelshaff“ über lange Jahre weiterhin das Schloss mit Nahrungsmittel. Hier ist zu vermerken dass Charles von Roesgen, 1957 Bürgermeister von Colmar-Berg wurde und bis 1970 dieser Tätigkeit nachging.
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Als Charles von Roesgen in Rente ging, übernahm sein Sohn, Franz von Roesgen, gemeinsam mit seiner Ehefrau Marianne Kayser (1957) den Bauernhof. 1959 kam die Tochter, Alice von Roesgen zur Welt, die 1986 Jean-Louis Colling heiratete. Weder Alice von Roesgen noch ihr Ehemann Jean-Louis, arbeiteten zu der Zeit im landwirtschaftlichen Bereich. Alice arbeitete als Bürokauffrau und Jean-louis als Bänker in einer luxemburgischen Bank. Als 2000 Franz von Roesgen in Rente ging übernahmen Alice und Jean-Louis Colling-von Roesgen den Bauernhof. Seit dem Jahre 2002 wird der „Karelshaff“ nach biologischen Richtlinien bewirtschaftet. Heute ist der Hof ein bekannter und anerkannter „Bio-Demonstrationsbetrieb“. In Zusammenarbeit mit der IBLA (Referenzzentrum für Forschung und Beratung im Biosektor in Luxemburg), stellt der „Karelshaff“ Flächen zur Verfügung wo Forschung betrieben wird, um eine nachhaltige und ökologische Landwirtschaft weiterzuentwickeln. Der „Karelshaff“ ist des Weiteren bekannt für seine Direktvermarktung von Bio Rind- und Hähnchenfleisch. Im Jahre 2020 stieg der Sohn, Grégoire Colling, in den landwirtschaftlichen Betrieb ein. Er war zuvor als Sozialpädagoge tätig.
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Der „Karelshaff“ und seine Rolle im zweiten Weltkrieg
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Der anschließende Ausschnitt stammte aus folgender Quelle: https://www.tageblatt.lu/headlines/das-verbrechernest/ (22.08.2018) und dient als Erklärung, welche Rolle der „Karelshaff“ im zweiten Weltkrieg spielte.
„Beim Lesen unseres Artikels unter dem Titel „Vom Jagdhaus zum Bauernhof“ kamen bei manchen unserer Leser Erinnerungen hoch. Einer von ihnen teilte uns die per Schreiben mit. Es handelt sich um Ereignisse aus der Zeit der Nazi-Besatzung. „Die Familie Von Roesgen verwaltete zu der Zeit, wie im Tageblatt-Artikel vom 10. August vermerkt, bereits den Karelshof, der im Besitz der großherzoglichen Familie war. Die Nazis hatten sich den Hof damals schnell angeeignet, um ihn an einen deutschen Landsmann weiterzuverkaufen. Ein Mann aus Trier kaufte das Gehöft für einen absolut lächerlich niedrigen Preis“, so der Verfasser des oben erwähnten Schreibens.
Das habe damals dazu geführt, dass die Familie Charles von Roesgen den Hof hätte verlassen müssen. „Das wäre nicht nur für die Familie, sondern auch für all jene, die die Familie auf dem Hof aufgenommen bzw. vor den Nazis versteckt hatten, eine wahre Katastrophe gewesen. Unter ihnen waren Kriegsverweigerer, Resistenzler, ein Vorarbeiter der Arbed, ein Vetter und mein Vater, ein junger Anwalt, sowie meine Mutter und ich selbst“, so Dony Calmes.
Wenig später wurde dem Käufer aus Trier vorgehalten, er habe den Hof lediglich erstanden, um seinen Sohn dort unterzubringen und ihn so vor der Zwangsrekrutierung in die Wehrmacht zu schützen. Die Nazis warfen ihm vor, er habe sein Vaterland mit seinem Handeln gleich zweimal verraten. Der Mann aus Trier tauchte daraufhin unter. Erst nach der Befreiung hörte man wieder etwas von ihm. Er wollte in den Genuss „seines Besitztums“ gelangen, doch als ihm das verweigert wurde, zog er sogar gegen den Luxemburger Staat vor Gericht. Dort wurde kurzer Prozess mit dem Trierer gemacht.“
Zwei US-Piloten werden versteckt
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In diesem Abschnitt gehen wir auf eine weitere Geschichte ein, die im zweiten Weltkrieg stattfand. Der Artikel stammt aus dem Tageblatt vom 22. August 2018, welcher erzählt, wie der „Karelshaff“ im zweiten Weltkrieg, mit der Resistenz kooperiert: „ Dony Calmes erinnert sich auch an den frühen Morgen des 23. August 1943: „Mein Vater
hatte mit dem Pferdegespann eine erste Furche auf einem Acker entlang der Ettelbrücker Straße gezogen, als zwei amerikanische Piloten in Uniform des Weges kamen, völlig erschöpft und sichtlich schwer krank. Sie baten meinen Vater um Hilfe. Die beiden gehörten zur 532. Fliegerstaffel, die in England stationiert war. Sie hatten die Mission, am 17. August 1942 die SKF-Fabrik (Hersteller von Kugellagern) in Schweinfurt zu bombardieren. Auf ihrem Rückflug wurde ihre Boeing B-17 („Fliegende Festung“) in der Nähe von Koblenz abgeschossen. Die Mannschaft an Bord rettete sich mit Fallschirmen, wurde aber am Boden von den Deutschen festgenommen. Nur die beiden Piloten sollten davonkommen. Sie wollten sich mit Hilfe eines Kompasses und einer Karte bis nach Antwerpen durchschlagen.“ Die beiden Amerikaner wurden damals in einem Nebenhaus des großherzoglichen Schlosses (unweit des Karelshof also) versteckt und dort gesundgepflegt. Sie erhielten neben ziviler Kleidung auch neue Ausweispapiere und wurden, dank eines Resistenzlernetzes, bis nach England gebracht. Ihr Aufenthalt in Luxemburg hatte zwei Monate gedauert. Dieses Ereignis brachte es mit sich, dass mein Vater und andere Mithelfer im Oktober 1943 von der Gestapo verhaftet wurden“, so Dony Calmes weiter. „Ich wollte diese Informationen an die Öffentlichkeit bringen, um aufzuzeigen, dass der Karelshof während der Nazi-Besetzung dank der Familie Von Roesgen eine wichtige Drehscheibe des Geheimdienstes und der Resistenz in der Region um Ettelbrück und Mersch war.“
Dieser Tatsache seien sich die Besatzer damals wohl auch durchaus bewusst gewesen, hätten die Gestapo-Leute den Karelshof doch während der Vernehmung des Vaters von Dony Calmes in Hinzert mehrfach als „Verbrechernest“ betitelt.“
Das „Verbrechernest“ - Tageblatt.lu
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Bevor die beiden Piloten in ein Nebenhaus des großherzoglichen Schlosses gebracht wurden, wurden die beiden mehrere Tage in einem kleinen Waldstück direkt beim „Karelshaff“ versteckt. Die Familie von Roesgen versorgte die zwei entkräfteten Amerikaner mit Nahrung und kontaktierten die Fadenzieher der Resistenz. Nachdem Christian Calmes, der Vater von Dony Calmes und seine Mithelfer von der Gestapo verhaftet wurden, kümmerte sich die Familie von Roesgen um die verbliebenden Familien. Keiner der verhafteten Resistenzler erwähnten Charles von Roesgen als Mithelfer, da man wusste, dass er für die zurückgebliebenen Familien sorgte.
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Winter 1944-45
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Im Winter 1944-45 kam es zwischen den Alliierten und den deutschen Streitkräften zu der so genannten Ardennen-Offensive. Durch die schweren Gefechte in den Ardennen, wurde die Gegend um Ettelbrück in die wochenlangen Kriegshandlungen mit einbezogen. Der „Karelshaff“ wurde als strategisch wichtige Hochebene erkannt, da man von hier aus, die Stadt Luxemburg mit der Artillerie unter Beschuss nehmen konnte. Somit wurden kurzerhand über 200 US-Soldaten auf dem Hof stationiert, die mit mehreren weitreichenden Kanonen, Aufklärungsflugzeugen und Panzern ausgerüstet waren. Der Hof wurde somit zu einer Unterkunft für die US-Soldaten, mit OP-Raum, Kommandozentrale und Schlafzimmern.
Als deutsche-Truppen mit einem letzten Angriff versuchten die amerikanische Stellung einzunehmen scheiterte dies jedoch, da die Versorgung von Treibstoff ausblieb. Mit Kinderkutschen und Ochsenwagen hatten die Deutschen versucht die nötige Munition in die Wälder um den „Karelshaff“ zu bringen, was jedoch von den US-Truppen schnell untermauert wurde. Hätten die Deutschen den „Karelshaff“ eingenommen, so wäre der Hof mit großer Wahrscheinlichkeit von den Alliierten bombardiert worden. Der Bauernhof wurde so von einem Bombenangriff verschont. Jedoch am 24ten Dezember 1944, feierten die US-Streitkräfte, Weihnachten in der Scheune vom Hof. Bei der Zubereitung von Truthähnen, kam es dann zu einem unkontrollierten Feuer, welches die linke Seite des Hofes stark beschädigte. Das Dach der Scheune brannte lichterloh, wobei die US-Truppen mehr um die verbrannten Truthähne trauerten, als um die zerstörte Scheune.